Golf dient nicht nur der Entspannung – und ab und zu ist sogar das Gegenteil der Fall…

Der Stress nimmt zu, mein Job frisst mich auf, an Freunde ist kaum zu denken, der Sommer versteckt sich hinter Frostgefühlen und meine Freizeit musste ich auf Null runterfahren. Nein ich stecke diesmal nicht in einer Singlekrise. Eher im Gegenteil. Ich bin froh diese zusätzliche „Belastung“ in Form eines Mannes nicht auch noch mein Eigen nennen zu dürfen. Aber was tut Frau wenn sie der Meinung ist, das ihr mal wieder alles zuviel wird? Ganz einfach, etwas ändern! Also werden Termine verschoben, der Golfpartner aktiviert und über Pfingsten drei herrliche Golftage eingeplant 🙂

Sommer, Sonne, Golf und mehr – Denkste!

Leider hatte ich die Rechnung ohne meinen Golfclub und Petrus gemacht. Über die Pfingsttage waren täglich Turniere angesetzt, und auch das Wetter sollte laut Google nicht ohne das grausige Nass vom Himmel stattfinden. Nun denn, zwei Turniere buchten mein Partner und ich sofort. „Klassische Vierer“, die nicht vorgabewirksam waren. Den ersten Golftag verbrachte ich also auf nassem Grün aber in netter Gesellschaft. Denn leider hatte Google Recht behalten. Der Himmel weinte vor Glück, als er mich endlich mal wieder im Freien entdeckte…

Trotzdem, unser Spiel war gut, ein lustiger Spruch jagte den Nächsten, mein Schreibtisch geplagter Körper freute sich über die Bewegung und ich spürte wie meine Lebensgeister erwachten. Wie hatte ich das tolle Gefühl vermisst. Und siehe da, wir wurden mit dem ersten Platz belohnt. In lustiger Runde und ein paar Gläschen Wein später wurde ich überredet auch am nächsten Tag am Turnier teilzunehmen. Einzel-Zählspiel! Davor hatte ich mich gesträubt, da mein Handicap (Anfänger mit HCP 45) noch nicht gut genug war um daran teilzunehmen. Es bedeutet nämlich, man MUSS solange spielen bis der Ball das Loch findet… Egal ob man dafür 3, 7 oder gar 14 Schläge benötigt. Der Ball darf nicht aufgenommen oder die Bahn gestrichen werden. Übermütig durch das gute Spiel des Tages sagte ich zu.

Selbstüberschätzung oder Unsportlichkeit?

golfAlso stand ich am nächsten Tag um Punkt Zwei bei herrlichstem Sonnenschein an Abschlag Nr. 1, und wartete auf meinen Flight (vom Club zugewiesene Mitspieler). Zwei männliche Begleiter mit Handicap 20 und 37 sollten Zeugen meines ersten Zählspiel-Turniers werden. Erleichtert stellte ich fest, dass ich Martin (HCP 37) bereits aus dem Club kannte. Und Jochen (HCP 20), den konnte ich ja kennenlernen 😉

Aber irgendwie war ich da wohl etwas zu optimistisch und hatte nicht mit dem männlichen Abwehr-Gen gerechnet. Martin begrüßte mich mit starrem Blick und ernster Miene. Jochen gab mir erst die Hand als ich sie ihm zur Begrüßung entgegenstreckte. Und da heißt es immer, Golf sei elitär und setzt auch gewisse Umgangsformen voraus…. Denkste Marie! Hier lernte ich das Gegenteil kennen.

Mein erster Abschlag war grandios – 160 Meter und mitten auf der Bahn. Innerlich grinsend bemerkte ich die verwunderten Blicke von Handicapler 20 und 37. Die lagen nämlich deutlich hinter mir. Doch als wir in Richtung unserer Bälle walkten, schaute Jochen mich an und sagte: „Guter Schlag, aber eigentlich weiss ich nicht warum du mit Handicap 45 heute überhaupt mitspielst. Du wirst doch sicherlich daran verzweifeln wenn du viele Schläge benötigst.“

Hallo??? Was bitte war denn das? Seit einem Jahr spiele ich Golf und ich habe bisher nur mit Leuten gespielt, die sich gegenseitig motivieren und nicht demotivieren. Das ist ja wohl extrem unsportlich und ich verstand die Welt nicht mehr. Daraus folgernd passierte das, was passieren musste. Mein nächster Schlag hüpfte ganze 5 Meter weit. Unsicherheit und Angst machten sich breit und der Nächste landete im Wald. Von dort aus ging’s zielsicher in den Sandbunker, aus dem mein Ball und ich erst nach dem verzweifelten dritten Schlag wieder herauskletterten.

Allein gegen Männer…

Die Kehle zugeschnürt, den Tränen nahe und mit Getuschel im Nacken beendete ich die erste Bahn mit satten 14 Schlägen. Par 5, also 5 Schläge sind hierfür vorgeschrieben. Jetzt konnte es ja nur noch besser werden… Oder?

Pustekuchen. Der leicht dickliche Martin kam auf mich zu, um mir mitzuteilen, das er gerade mit dem Spielführer telefoniert hatte. Ohne mich überhaupt zu Fragen wollte er mich eventuell auf eine andere Turnierzählart (Stableford) umstellen. Mit dieser Aktion zertrampelte er natürlich mein letztes Krümelchen Selbstvertrauen. Zu allem Überfluss rauschte in dem Moment das Cart samt Spielführer heran, der mir wiederum mitteilte, dass eine Änderung der Zählweise nicht möglich wäre. Aber Ich könne ja jederzeit das Turnier abbrechen!

Jochen entblößte seine Kauleiste zum ersten Mal an diesem Tag mit einem schiefen Grinsen. Martin kratze sich am Bäuchlein und schaute mich erwartungsvoll an, während der Spielführer mich mitleidig anschaute….

Oh nein, das kommt ja mal überhaupt nicht in Frage. So hatte ich mir meine Entspannung an den drei freien Pfingsttagen zwar nicht vorgestellt, aber ich lasse mich doch hier nicht einfach herausekeln. Erst recht nicht von zwei Möchte-Gern-Golf-Profis.
Mein Kampfgeist war geweckt und so hatten die beiden Demotivatoren mich sprichwörtlich weiterhin an der Backe kleben 😉

Der schein trügt – nicht nur beim Spiel

Die folgenden Stunden waren eine Tortur. In der prallen Sonne kämpfte ich mich durch jede einzelne Bahn, und spielte so schlecht wie nie. Statt netter Worte wurden leichte Spitzen verteilt. Immer wieder mit dem Hinweis, ich könne ja aufgeben. Warum sie mich so behandelten, wird wohl in den ewigen Jagdgründen des Golfplatzes verschollen bleiben.

Eine andere Erkenntnis ereilte mich dafür ziemlich schnell. Nämlich das 37-iger-HCP-Pummel-Martin ein sehr schlechter Spieler war…. Durch die Suche nach seinen permanent verschlagenen Bällen, lernte ich Ecken vom Golfplatz kennen, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagten. Dabei war ich gar nicht so versessen darauf diese kennenlernen zu dürfen. Meist verloren wir dabei nämlich nicht nur seine weiße Murmel, sondern auch eine Menge Zeit. Aber dafür konnte MANN ja im Nachhinein mein schlechtes Spiel verantwortlich machen –  Typisch Männer!!!

Obwohl ich gefühlte 100 Mal fast in Tränen ausgebrochen wäre habe ich, sehr zum Leidwesen meiner spaßfreien Mitstreiter, NICHT aufgegeben, sondern 18 Löcher bis zum bitteren Ende durchgespielt.


Körper und Geist waren, ganz entgegen meiner Planung, alles andere als entspannt. Als wir zum Clubhaus liefen fragte ich mich zum tausendsten Mal warum ich mir das überhaupt angetan hatte. Sehr zu meiner Überraschung ließ die Antwort diesmal nicht lange auf sich warten…

Als wir um die Ecke bogen sprang mein Golfpartner sofort vom Tisch auf. Er lief mir entgegen, nahm mir meinen Trolley ab und schob mich Richtung Parkplatz. Dort angekommen nahm er mich fest in den Arm und fragte: „Was haben die beiden Vollpfosten denn mit Dir nur angestellt?“, und ich durfte endlich weinen. Klar wusste der ganze Club bereits, dass die Verspätung des letzten Flights besondere Umstände haben musste.

Und nachdem ich mich beruhigt, und meine Wut in nicht erwähnenswerten Sätzen rausgelassen hatte, bemerkte ich zum ersten Mal, das mein 13 Jahre älterer Golfpartner, den ich durch Zufall vor einigen Wochen im Internet kennengelernt hatte, ein extrem liebevoller, attraktiver und dazu noch ungebundener Mann war… 🙂

Übrigens, nicht nur in meiner Anerkennung, sondern auch auf der Turnierliste erreichte 37-iger-HCP-Pummel-Martin den letzten Platz.

Über den Autor

Mitte 30, attraktiv, erfolgreich mit einem tollen Freund an meiner Seite, genoss ich bisher mein Leben in der Münchner Szene. Nach vier Jahren, so glaubte ich, war es an der Zeit mit unserer Partnerschaft zur nächsten Ebene überzugehen. So stellte ich, trotz konservativer Einstellung, die Frage aller Fragen. Und erhielt... Keine Antwort! Warum also weiter Zeit verplempern? Ich zog meine Konsequenz und stürzte mich kopfüber in mein neues Leben. Eine kleinere Stadt, bekannte Gesichter und weniger Oberflächlichkeit, das wünschte ich mir nach den Jahren in Downtown München. Somit machte ich mich Ende 2011 auf den Weg zurück in meine Heimatstadt. Fern der Schicki-Micki Gesellschaft, aber dennoch nah genug um immer noch dabei zu sein. Leider stellte ich ziemlich schnell fest, dass die Idylle der Stadt, die Freundlichkeit und die Männer auch hier eine enorme Wandlung durchlebt haben. Liegt die Oberflächlichkeit also vielleicht gar nicht an der Großstadt? Auf der Suche nach Antworten und wie ich mein Projekt „Back to the Roots“ in Münchens Umgebung meistern werde, und natürlich die Frage, wie viele Frösche ich bis zu meinem Traummann noch küssen muss... möchte ich hier gern mit Euch teilen.

Ähnliche Beiträge

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.